Investieren in "Betongold" ist trotz mancher Imageprobleme weiter en vogue. Insbesondere offene Immobilienfonds erfreuen sich großer Beliebtheit. Die fünf heimischen Fondsgesellschaften übersprangen im Jänner erstmals die 4,2-Milliarden-Marke beim Fondsvolumen, mehr als 60 Prozent davon verwaltet Platzhirsch Bank Austria Real Invest. Mit einigem Respektabstand folgen der Immobilienfonds der Erste Bank (Marktanteil: 18,14 Prozent), der Raiffeisen-Fonds (9,76 Prozent) und der Fonds der Volksbank-Tochter Immo KAG. Der kleinste Fonds ist jener der Semper Constantia. Insgesamt verzeichneten die heimischen Immobilien-Investmentfonds zwischen Februar 2013 und Februar 2014 einen Kapitalzuwachs von 683,61 Millionen Euro (Details siehe Grafik). Die jährliche Verzinsung der Investments in diesen Fonds liegt meist bei knappen drei bis mehr als fünf Prozent - je nach strategischer Ausrichtung und immobilienkaufmännischem Geschick.
Gewerbe oder Wohnen
Zwei der heimischen Fonds - Raiffeisen und Immo KAG - investieren rein in Gewerbeobjekte, Ersterer sogar nur im europäischen Ausland. Eine gänzlich andere Strategie verfolgt man bei der Real Invest: 70 Prozent des Fondsvolumens stecken hier in den Segmenten Wohnen und Infrastruktur (dazu gehören etwa auch Gemeindezentren, Schulen und Seniorenheime), und zwar ausschließlich in Österreich und großteils nur in Wien, nämlich zu 88 Prozent. Geschäftsführer Peter Czapek will diesen Wien-Fokus auch beibehalten, aus einem einfachen Grund: "In Wien werden eben die größeren Immobilien gebaut." Außerdem spreche das starke Bevölkerungswachstum für Wien, so Czapek zum Standard.
Aus demselben Grund hat der Fonds der Erste Immobilien KAG seine bis vor wenigen Jahren ebenfalls rein auf Österreich ausgerichtete Strategie mittlerweile auf Deutschland ausgeweitet - oder vielmehr: auf den Hamburger Wohnungsmarkt. "In Hamburg haben wir einen idealen Markt gefunden, der von der Dimension und den Rahmenbedingungen her mit Wien vergleichbar ist", sagt Geschäftsführer Peter Karl. "Es ist etwa gleich groß und hat eine sehr positive Bevölkerungsentwicklung. Außerdem liegt die Kaufkraft um eine Spur über jener von Wien und das Wirtschaftswachstum deutlich über dem deutschen Schnitt."
"Enormer Bedarf an Wohnraum"
Das Preisniveau sei zudem etwas niedriger, das Mieten-Niveau hingegen etwas höher als in Wien - auch dann noch, wenn die gerade heiß diskutierte Mietpreisbremse kommen sollte. "Top-Innenstadtlage ist natürlich auch in Hamburg nicht billig, aber das klassische mittlere Segment ist im Vergleich zu Wien deutlich billiger." Karl glaubt im Übrigen nicht, dass "allzu wilde Mietpreisbremsen" kommen werden - "weder in Deutschland noch in Österreich. Gerade in den Ballungszentren ist nämlich enormer Bedarf an Wohnraum da, und diesen wird man nicht schaffen können, wenn man es Privatinvestoren wirtschaftlich unattraktiv macht, zu investieren."
Außer ihrem Fokus auf stark wachsende Metropolen haben die Immobilienfonds von Erste Group und Bank Austria noch etwas gemeinsam: Beide errichten derzeit selbst Wohnobjekte in Wien, der Erste-Fonds etwa in der Seestadt Aspern, vorwiegend mit Partnern aus dem eigenen Konzern. Ganz unproblematisch sind Eigendevelopments für einen Immobilienfonds freilich trotzdem nicht, und so sind Sicherheitsvorkehrungen ein Thema. "Wir errichten ausschließlich Wohnprojekte und bezahlen dabei nach Baufortschritt immer nur das, was bereits geliefert wurde. Wir gehen also nie in Vorleistung", sagt Peter Karl. Weiters sichere man sich mit einem vereinbarten Fixpreis gegen Baukostenüberschreitung ab und verlange von den Partnern Fertigstellungsgarantien. Entwicklungen sind bei der Erste Immobilien KAG außerdem grundsätzlich auf 20 Prozent des Fondsvermögens beschränkt.
Auch Czapek weist bezüglich Eigendevelopments auf eine Obergrenze laut den internen Richtlinien hin, nennt sie im Detail aber nicht. "Natürlich kann Development fallweise ein höheres Risiko bedeuten, deshalb machen wir das nur sehr eingeschränkt." Auch bei der Real Invest lässt man zumindest derzeit jedenfalls ausschließlich Wohnobjekte bauen.
Verzicht auf Baurisiko
Für Louis Obrowsky, Chef des Semper-Constantia-Fonds, sind Eigendevelopments hingegen kein Thema - "obwohl wir es laut Gesetz und aufgrund unserer eigenen Bestimmungen tun könnten". Man habe aber beschlossen, ausschließlich fertiggestellte und vollvermietete Objekte zu erwerben. "Wir wollen ganz bewusst das Entwicklungsrisiko nicht im Fonds haben."
Auf das Thema Wohnen hat man sich beim kleinsten heimischen Fonds, der den Fokus auf Einzelhandel, Logistik und Büro legt, kürzlich aber eingelassen und ein Wohnobjekt in Berlin erworben, "mit Retailflächen im Erdgeschoß". Wohnen sei wegen der relativ niedrigen Renditen "nicht unsere primäre Zielgröße, doch dieses Objekt bietet eine gute Kombination mit dem Lebensmitteleinzelhandel, wurde kürzlich komplett saniert und ist vollvermietet". Die Ankaufsrendite von 6,18 Prozent sei ein zusätzlicher Pluspunkt gewesen. Generell sei es derzeit schwer, gute Objekte zu finden, "wegen unserer hohen Anforderungen, was Rendite, Langfristigkeit der Verträge und Bonität der Mieter betrifft".
Was die Probleme deutscher geschlossener Fonds betrifft (siehe Artikel), glaubt Obrowsky an die "Gnade der späten Geburt" der österreichischen Fonds: Diese konnten von Gesetzes wegen erst 2004 starten "und wurden immer schon verkauft als das, was sie sind: eine mittel- bis langfristige Veranlagung in Immobilien". Anders als in Deutschland seien österreichische Fonds "niemals als Cash-Surrogat institutionellen Investoren angeboten worden". Die österreichischen KAGs hätten einen hohen Anteil an Privatkunden, "und zu deren Schutz treffen wir mit unseren institutionellen Investoren Vereinbarungen, dass sie sich für einen längeren Zeitraum binden bzw. nur mit längeren Ankündigungsfristen wieder aussteigen können".
Quelle: Martin Putschögl, Franziska Zoidl, DER STANDARD, 29.3.2014