Der Fleischmarkt im ersten Bezirk hat eine bewegte Geschichte: Nur einen Steinwurf entfernt soll 1685 das erste Wiener Kaffeehaus eröffnet haben, später wurde die Gegend als Griechenviertel bekannt, wo Händler ihre exotischen Waren anboten. Nun soll es am Fleischmarkt 1 noch um einiges internationaler werden: Im Dezember hat hier Regus, ein weltweit tätiger Anbieter flexibler Arbeitsplätze, seinen achten Standort in Wien für die "modernen Nomaden der Arbeit" auf zwei Etagen und 1600 Quadratmetern eröffnet.
Vom Ein-Mann-Start-up bis hin zum globalen Unternehmen kann man sich stunden- oder tageweise, aber auch für mehrere Monate in die Räumlichkeiten einmieten: Von "Thinkpods", also kleinen Arbeitskojen im stylish-bunten Eingangsbereich, über Besprechungszimmer, Konferenzräume oder Privatbüros ist alles möglich - und das auch recht kurzfristig: Ein Vertrag für ein Büro könne sofort unterzeichnet werden, erklärt Alisa Kapic, die bei Regus für den Standort Österreich zuständig ist. "All inclusive" würde die Miete für ein Büro rund 370 Euro pro Monat betragen - und man ist an keine Öffnungszeiten gebunden: Mit einer Chipkarte kann das Büro jederzeit betreten werden. "Das ganze Facility-Management übernehmen wir", verspricht Kapic. Außer einem Laptop müsse man nichts mitbringen.
Aber nicht nur physische Mieter gibt es, sondern auch virtuelle, die zwar nie in Erscheinung treten, aber das Annehmen von Telefonanrufen oder die Buchhaltung zu Regus ausgelagert haben. Manche machen sich auch die noble Geschäftsadresse zunutze.
Arbeitswelt der Zukunft
Das Konzept des flexiblen Arbeitens ist laut einer von Regus durchgeführten Umfrage auf dem Vormarsch: Ein Großteil der 20.000 Befragten in 95 Ländern würde einem Job, der Flexibilität bei Arbeitszeit und -ort gewährleistet, gegenüber einem klassischen Bürojob den Vorzug geben. "Wir erleben eine kulturelle Veränderung", ist Kapic überzeugt. Nicht an der Präsenz, sondern an den Resultaten würden Mitarbeiter heute gemessen. Wo sie diese erzielen, rücke zunehmend in den Hintergrund.
Das Third-Place-Working, also das Arbeiten an einem anderen Arbeitsplatz als im traditionellen Büro, bringe entscheidende Vorteile für alle Beteiligten: Einerseits müssten sich internationale Unternehmen nicht mit nationalen Besonderheiten in Mietverträgen herumschlagen, andererseits werde das finanzielle Risiko minimiert und eine dauerhafte Vertragsbindung vermieden.
Auch zum Kontakteknüpfen würde sich das Setting mit Mietern aus den verschiedensten Branchen eignen. Für Angestellte bedeutet Flexibilität weniger Stress und eine bessere Work-Life-Balance, ist Kapic überzeugt.
In Österreich ist man bei Regus mit acht Standorten noch am Anfang, an einer Expansion in die Bundesländer werde jedoch gearbeitet.
Neue Bena-Standorte
Marktführer im Bereich servicierte Büros ist das heimische Unternehmen Bena, das auf sechs Standorten in Wien 25.000 Quadratmeter für flexible Zeitspannen vermietet. "Wir sind sehr gut ausgelastet", zeigt sich Geschäftsführer Alexander Varendorff zufrieden - so gut sogar, dass demnächst zwei neue Standorte eröffnet werden. Wo genau, will er noch nicht verraten, aber: "Es wird ein großes Objekt im mittleren Segment und ein sehr exklusives in der Innenstadt sein."
Der Trend in der Bürowelt gehe in Richtung höherwertiger und flexibler Arbeitsplätze - kaum jemand würde mehr Büroflächen mieten und einen Kündigungsverzicht von zehn Jahren unterzeichnen.
Manche Konzerne würden stattdessen Pakete kaufen, mit denen ihre Mitarbeiter einen Tag an einem Standort arbeiten können und am nächsten Tag an einem anderen, erzählt Varendorff: "Immer mehr Konzerne wollen ihren Mitarbeitern etwas bieten."
Quelle: Franziska Zoidl, DER STANDARD, 15.2.2014