Der österreichische Logistikimmobilienmarkt ist ein sehr ruhiger Markt mit "auffallend geringer Dynamik ", der nur aus sich selbst heraus wächst, sagt Uwe Veres-Homm von Fraunhofer IIS im Gespräch mit Martin Putschögl.
STANDARD: Sie haben für eine kürzlich veröffentlichte Studie des Nürnberger Fraunhofer-Instituts die Logistikimmobilienmärkte von Deutschland, Österreich, Belgien, den Niederlanden und der Schweiz verglichen. Dabei fällt auf, dass die Branche in Österreich viel zentraler verteilt ist. Liegt das daran, dass in Österreich die Eigennutzer vorherrschend sind?
Veres-Homm: Ja, das ist ein charakteristisches Merkmal des österreichischen Marktes. In Deutschland, Holland und Belgien gibt es eine ganze Reihe von europäischen Distributionszentren, die von einem Punkt aus ein sehr weites Einzugsgebiet beliefern. In Österreich ist das kaum der Fall, da geht's um die lokale Industrie und die lokale Bevölkerung. Sehr viele Flächen werden also von Händlern errichtet, die den jeweiligen Ballungsraum versorgen müssen, und teilweise auch von deren Logistikdienstleistern.
STANDARD: Für internationale Investoren und Entwickler hält der österreichische Markt also wenig Chancen bereit?
Veres-Homm: Wir haben mit einer ganzen Reihe von Investoren geredet. Die großen internationalen Player haben Österreich gar nicht auf ihrer Landkarte. Die Investoren stammen oft aus dem angelsächsischen Raum, die verlassen sich auf das, was seit 20 Jahren gut läuft. Der ganze Sektor ist ja erst vor zehn, 15 Jahren so richtig auf dem Schirm aufgetaucht, von den klassischen europaweiten Distributionszentren im Westen her konzentriert sich das Geschäft nun nach und nach auch auf Deutschland. Österreich ist ein sehr ruhiger Markt, der nur aus sich selbst heraus wächst. Da gibt es hier mal ein neues Regionallager, aber die großen internationalen Player fehlen. Die sagen sich: Bevor wir Spezialisten engagieren, die sich intensiv um den Schweizer und österreichischen Markt kümmern, konzentrieren wir uns lieber auf Deutschland, da ist noch viel Potenzial trotz zahlreicher Konkurrenten, weil viel Dynamik im Markt ist. Allerdings stellen wir gerade im süddeutschen Raum oft fest, dass sich große internationale Unternehmen schwertun, Logistikzentren zu entwickeln. Die Bürgermeister sagen sich: Wenn ich schon meine kostbaren Flächen noch irgendwem zur Verfügung stellen soll, dann soll es bitte nicht die Logistik sein. Das kann man vor allem in Stuttgart und München beobachten. Da muss schon ein großer Automobilhersteller selbst an die Tür klopfen.
STANDARD: Die Schweiz ist von den vier Märkten wohl noch am ehesten mit Österreich vergleichbar - wie sieht es dort aus?
Veres-Homm: Auch dort tut sich nicht wahnsinnig viel, aber in der Schweiz liegt das vor allem an den hohen Kosten. Und dort ist auch die Flächenproblematik noch einmal schlimmer, es wird wenig entwickelt. Ein Objekt mit 8000 m² ist in der Schweiz schon guter Durchschnitt, in Deutschland wäre das eher klein. Österreich liegt dazwischen, das geringe Neubauvolumen hier ist aber auch für uns immer wieder überraschend. Die Dynamik ist auffallend gering.
STANDARD: Eines Ihrer Themen ist auch die "Drittverwendungsfähigkeit", also die Nachnutzungsmöglichkeit von Logistikflächen für andere Mieter. Da hat sich in Österreich die internationale Norm noch nicht ganz durchgesetzt.
Veres-Homm: Richtig, international betrachtet fällt alles in jüngster Zeit annähernd gleichartig aus, überall werden dieselben standardisierten Logistikhallen mit einer bestimmten Anzahl an Toren pro Nutzfläche und derselben Höhe von zehn Metern gebaut. Ich halte das aber für fragwürdig. Muss eine Logistikhalle immer genau zehn Meter hoch sein? Das sind investorengetriebene Argumente. Die haben eine Checkliste, und wenn da etwas nicht zehn Meter hoch ist, gehört das Objekt schon zu den riskanten Investments. Zu diesen Merkmalen zählt auch, dass das Objekt eingeschoßig sein muss und einen Büroanteil von maximal zehn Prozent der Grundfläche aufweisen muss. Wenn das alles passt, findet man vermeintlich leichter einen Nachmieter. Ich stelle das immer zur Diskussion: In Österreich wird das wohl wegen des hohen Eigennutzeranteils ohnehin ein wenig anders sein, hierzulande kann man sicher auch mit einer nur sieben Meter hohen Halle argumentieren. Ganz generell muss man aber ein Stück weit weg vom Objekt gehen und sich fragen: Welche Funktion hat denn der Standort, und wer sucht ihn? Das sind die wichtigen Fragen. Die Automobilzulieferindustrie hat beispielsweise Bedarf an ganz speziellen Hallen. Da werden die Lkws typischerweise nicht hinten an die Tore angedockt, sondern in einem überdachten Bereich, wo der Lkw komplett reinfährt und dann seitlich beladen wird. Das braucht die Automobilindustrie, weil da schnell große Mengen beladen werden müssen und diese Shuttle-Lkws ständig hin- und herfahren. Das ist also ein durchaus vorteilhaftes Merkmal in den Gebieten, die sich logistisch stark auf die Autoindustrie konzentrieren.
Quelle: DER STANDARD, 15.2.2014