Immobilien. Der deutsche Immobilienexperte Michael Kiefer ortet Blasenbildungs-Tendenzen in einigen Wiener Bezirken: Die Preise haben ein Niveau erreicht, das Investoren abschreckt.
Wien. Wer in Wien in manchen Bezirken in Wohnimmobilien investiert, könnte sich die Finger verbrennen: Davor warnt Michael Kiefer, Chefanalyst und Leiter Immobilien-Marktforschung bei Immobilienscout24.de und Mitglied im deutschen Rat der Weisen der Immobilienwirtschaft im Gespräch mit dem WirtschaftsBlatt. Denn die Mieten können mit dem Anstieg der Preise nicht überall mithalten. „Wenn die Mietpreisentwicklung von der Kaufpreisentwicklung fundamental entkoppelt ist, ist dies immer ein Zeichen für sich verändernde Märkte“, sagt der Immo-Experte. „Eventuell gibt es in Wien in manchen Mikrolagen ein ‘Bläschen’“. Kiefer nennt den wichtigsten Indikator, um die Blasenbildung früh zu erkennen: Die Drei-Prozent-Regel. „Die Mietrendite sollte mindestens drei Prozent betragen: Bezogen auf den Kaufpreis müsste die Eigentumswohnung, sofern sie vermietet würde, mindestens drei Prozent Rendite p. a. bringen.“ Und zwar unabhängig vom Zinsniveau. Das oft gehörte Argument, zwei Prozent Rendite mit der Immobilie versus 0,5 Prozent am Sparbuch seien besser, als früher fünf Prozent mit der Immobilie versus vier Prozent am Sparbuch, sei also falsch. Sobald diese Rendite unterschritten wird, weil sich die Preise für Eigentum rasanter entwickeln als die Mieten, kommt es erfahrungsgemäß zu einer Seitwärtsbewegung oder zu einem Sinken der Preise, warnt der Experte. „Ich würde daher niemandem raten, unterhalb der Drei-Prozent-Schwelle zu investieren.“ Aufgrund der Auswertung der Daten des österreichischen Marktes sieht der Experte Wien-Donaustadt, bereits als zu heiß gelaufen, ähnlich seien Alsergrund und Meidling. Die Innere Stadt, wo die Quadratmeterpreise die höchsten sind, interessanterweise nicht: Dort war der Anstieg nämlich nicht sprunghaft.
Deutsche Blasen
In den deutschen Großstädten sieht Kiefer keine Immopreis-Blasen. „In kleineren Städten im südlichen Raum wie Freiburg, Regensburg und Ingolstadt gibt es Blasengefahr, der Markt kann dies aber selbst steuern“, sagt er. Generell macht sich der Experte um Deutschland und Österreich wenig Sorgen: Die Käufer hätten viel Eigenkapital, könnten daher also auch einen Verfall der Immobilienpreise leichter verkraften als frühere „Blasenopfer“ in den USA oder in Spanien.
Wohnungsnot oder Investitionen
Das Mietrechtsgesetz (MRG) ist für inländische Investoren wie dem Verband der institutionellen Immoinvestoren VII sowie dem Immotreuhänderverband ÖVI schon lange ein Dorn im Auge. „Das restriktive Mietrecht in Österreich hilft gegen Spekulation, fördert aber nicht den Wohnungsbau“, sagt auch der deutsche Experte Michael Kiefer: „Wenn die Investitionstätigkeit stark zurückgeht, könnte eine Wohnungsnot entstehen.“ Der Österreichische Haus- und Grundbesitzerzentralverband ÖHGB warnt bei einer Verschärfung des Mietrechts - Stichwort Mietobergrenzen – ebenfalls vor einer Verknappung des Wohnraums. ÖHGB-Präsident Friedrich Noszek plädiert statt dessen für Steuererleichterungen, um Immobilieninvestoren das Leben zu erleichtern. Der ÖHGB fordert Steuerbegünstigung für thermische Sanierungsmaßnahmen, stellt sich vehement gegen ein „Comeback“ der Erbschafts- und Schenkungssteuer und möchte eine praktikable Regelung für die von der Politik angedachte Novellierung der Einheitswerte. Wie Experten hinweisen, sind die steigenden Immobilienpreise in Österreich mit eine Folge der steigenden Baukosten. Die Baukosten für den Wohnhaus- und Siedlungsbau haben im Mai laut Statistik Austria zwar weniger stark zugelegt als in den Monaten davor. Dennoch stiegen sie im Jahresabstand um 1,6 Prozent. Viele Baustoffe wurden teurer, auch die neuen Kollektivvertragsabschlüsse einiger baurelevanter Branchen hätten sich auf die Kosten ausgewirkt, so die Statistik Austria.
Ursprung: Wirtschaftsblatt.at