Eigentlich würden Herr und Frau Österreicher ja am liebsten am Land leben: Bei einer von s Real Immobilien und Wohnnet durchgeführten Umfrage wünschten sich 45 Prozent der Befragten ländliche Idylle, welche aber "am liebsten mit der U-Bahn erreichbar" sein soll, so Michael Pisecky, Geschäftsführer von s Real Immobilien und Fachgruppenobmann der Wiener Immobilien- und Vermögenstreuhänder, bei der Präsentation der Ergebnisse. Für 28 Prozent der Befragten ist nämlich die gute Erreichbarkeit des Arbeitsplatzes mit öffentlichen Verkehrsmitteln Bedingung. "Die Infrastruktur treibt Realität und Wunsch auseinander", so Pisecky.
Denn von einer Flucht aufs Land kann keine Rede sein: Der Bedarf an Wohnraum in Ballungszentren steigt weiter. Die oft gefürchtete Mietpreisexplosion sei aber ein Mythos: "Nur neun Prozent der Wohnungen in Wien sind nicht preisgeregelt. Diesen Wert sollte man doch aushalten", so Pisecky. Der Eigentumsanteil liege in Wien nur bei 25 Prozent. Eigentumswohnungen blieben weiterhin als Vorsorge attraktiv, und die Nachfrage habe sich mittlerweile "von überhitzt auf normal zurückgedreht". Es handle sich jedenfalls nicht um eine Blase - es gebe nämlich keineswegs eine Überproduktion am Markt, sondern ein zu geringes Angebot. Außerdem werde ein hohes Maß der Wohnungen mit Eigenmitteln finanziert.
Auch Sandra Bauernfeind, Wohnungsmarktexpertin bei EHL Immobilien, wagte bei einer Pressekonferenz am Montag eine Prognose für 2014: Heuer werde es nur noch "moderate" Preisanstiege geben. Allerdings: "Die Schere zwischen guten und schlechten Lagen geht weiter auf", sagte sie. Schon im Vorjahr habe die Vermarktung freier Wohnungen etwas länger gedauert als in den Vorjahren, so die Wohnimmobilien-Expertin. "Die Nachfrage nach Eigentum ist nach wie vor gegeben, jedoch sind die Preise mittlerweile so stark gestiegen, dass die Finanzierung für viele Menschen schwieriger geworden ist."
Energieausweis gefordert
Außerdem bemerkte Bauernfeind, dass der Energieausweis mittlerweile offenbar bei Wohnungsinteressenten "angekommen" sei: "Objekte, die ohne Energieausweis angeboten werden, werden zunehmend kritisch hinterfragt"; die Vorlage eines Ausweises – "egal welcher Energieklasse" – sorge hingegen für "eine gewisse Beruhigung" bei den Kunden. Peter Erlebach, Geschäftsführer von Wohnnet, meinte hingegen, dass der Energieausweis vom Konsumenten "noch nicht angenommen" sei: Bei einem schönen Haus in guter Lage sei es den Käufern egal, wieviel Energie verbraucht werde.
Derzeit werden laut Bauernfeind kleinere Eigentumswohnungen mit bis zu 70 m² Wohnfläche besonders stark gesucht. Bei den Mietwohnungen seien es noch kleinere Einheiten mit 40 bis 60 m². Nach wie vor ziehe es sehr viele Wohnungssuchende in die Bezirke innerhalb des Gürtels, allerdings werde auch Wohnen jenseits der Donau beliebter, "seit diese Bezirke durch die Verlängerung der U2 näher an das Stadtzentrum gerückt sind", so Bauernfeind.
Ausbauten nur bei "richtigen" Zinshäusern
Zur Diskussion um die Reformierung des Mietrechts sagte sie, dass es vor allem mehr Wohnungen brauche, um die Preissteigerungen dauerhaft zu dämpfen. 6.000 bis 8.000 Wohnungen werden pro Jahr baubewilligt, gut 10.000 würde Wien aber brauchen. Positiv sei daher die neue Bauordnung zu sehen, die Mitte des Jahres in Kraft treten sollte. Ausbauten würden damit erleichtert werden, etwa indem nicht mehr für jede Wohnung ein Notkamin und ein Stellplatz verlangt werden.
Pisecky hofft auf mehr Anreize für private Investitionen für eine regere Immobilienbautätigkeit. So müsse es mehr Nachverdichtungen geben, zum Beispiel durch Schaffung von Wohnraum auf Flachdächern und Hinterhöfen. Die Sorge und der Widerstand von jetzigen Bewohnern bremse die Bezirkspolitiker, weshalb intensive Kommunikation nötig sei. Bauernfeind betonte, dass viele Objekte de facto für Verdichtungen nicht in Frage kommen: Bei in Eigentumsobjekte umgewandelten ("parifizierten") Zinshäusern dauere die gesamte Entscheidungsfindung viel zu lange, weil eben alle Eigentümer mitreden dürften. "Entwickler greifen solche Häuser meistens gar nicht erst an."
Quelle: mapu/zof, derStandard.at, 28.1.2014