250 Meter Höhe sind kein Klacks. Auch nicht für einen New Yorker. "Ganz ohne Zweifel ist der DC Tower ein beeindruckender Skyscraper mit einer spannenden Architektur und einem sehr tollen Rundumblick", meinte der ehemalige New Yorker Bürgermeister Rudy Giuliani, der am Mittwoch als Special Guest zur Eröffnung des DC Tower in die Wiener Donau City eingeladen war.

 

Er war nicht der einzige Mann von weither. Auch Buzz Aldrin, der 1969 im Rahmen der Apollo-11-Mission als zweiter Mensch den Mond betreten hatte, war neben Wiens Bürgermeister Michael Häupl und Dompfarrer Toni Faber mit von der Partie, um jene Aussichtsterrasse einzuweihen, die dem Erdtrabanten näher ist als jeder andere von Menschenhand errichtete Ort in dieser Stadt.

 

Hotel Sol Meliá eröffnet

 

Die Wiener Entwicklungsgesellschaft für den Donauraum AG (WED) und die UniCredit Bank Austria, die den von Dominique Perrault geplanten Turm gemeinsam als Konsortium errichteten, scheuten diese Woche weder Kosten noch Mühen, um mit Trommelwirbel auf das hinzuweisen, was WED-Vorstand Thomas Jakoubek als "einzigartige Top-Immobilie Wiens" und "himmlische Ekstase des Augenblicks" bezeichnete. Über die Zufriedenheit des Bauherrn täuscht auch die Tatsache nicht hinweg, dass zum Zeitpunkt der offiziellen Eröffnung erst knapp über 50 Prozent der Flächen vermietet sind. Jakoubek: "Das ist ein guter Start. Das ist mehr, als wir erwartet hatten."

 

Derzeit größte Mieterin im Tower ist die spanische Hotelgruppe Sol Meliá. In den untersten 15 Geschoßen betreibt sie ein gehobenes Hotel mit insgesamt 253 Zimmern. Auf den beiden obersten Etagen lockt dieses mit einem Restaurant ("57", Chefkoch Siegfried Kröpfl, bisher "Bristol") und einer öffentlich zugänglichen Cocktailbar samt Aussichtsterrasse für Schwindelfreie.

 

Keine Sterne

 

"Wir brauchen keine Sterne", sagt Dorothea Schuster, General Managerin des bislang nicht kategorisierten Sol Meliá Vienna. "Schauen Sie sich mal um! Dieses Hotel spricht doch für sich!" Das nonverbale Vokabular in Worten: Zimmerpreise von 120 bis 3500 Euro, Interior-Design auf buchstäblich höchstem Niveau, kombiniert mit einem unverwechselbaren Blick auf Wien und seine Donau.

 

"Natürlich gibt es in Wien bereits eine Vielzahl guter Hotels, aber mit diesem Gebäude in dieser Lage decken wir viele Aspekte ab, die das Haus einzigartig machen", erklärt Schuster. Sorgen über die Auslastung macht sie sich keine: "Im ersten Jahr rechne ich mit knapp 50 Prozent. Unser langfristiges Ziel sind 70 bis 80 Prozent."

 

Abgesehen davon schweigt sich Schuster, Chefin des weltweit höchsten Sol-Meliá-Hotelhauses, über wirtschaftliche Details lieber aus. Die Investitionskosten pro Zimmer seien "im eher oberen Bereich", der Mietvertrag mit der WED laufe auf "mehr als zehn Jahre", und der Break-even-Point solle "innerhalb weniger Jahre" erreicht werden, so Schuster.

 

Miete: Bis zu 30 Euro pro m²

 

Etwas konkreter erscheinen dagegen die Pläne von WED-Chef Jakoubek. Innerhalb von zwei Jahren solle der Vermietungsstand im Turm auf 90 bis 95 Prozent angehoben werden. Die Chancen stünden gut. Neben den bereits bestehenden Mietern Erste Bank, Schönheitschirurg Worseg, Fitnesscenter John Harris und Pharmakonzern Baxter, der sich in den Geschoßen 18 bis 24 eingemietet hat, gibt es weitere Interessenten für insgesamt 25.000 Quadratmeter Mietfläche. Das sind immerhin 38 Prozent der insgesamt 66.000 Quadratmeter Nutzfläche. "Es handelt sich um drei Betriebe im Dienstleistungsbereich, mit denen wir derzeit in Verhandlung stehen. In wenigen Wochen werden wir mehr wissen", so Jakoubek. Die Mietpreise liegen je nach Geschoß unverändert bei 17 bis 30 Euro.

 

Ungeklärt ist nach wie vor, ob die obersten vier Geschoße des DC Tower mit Wohnen oder Büro gefüllt werden sollen. "Bisher gibt es rund 50 Anfragen für Wohnungen im Luxussegment, und die Leute sind bereit, dafür tief in die Tasche zu greifen", sagt Jakoubek. Und woran scheitert's? "An den juristischen Grundlagen." Nachdem sich das Konsortium aus WED und UniCredit eines Tages von seiner Highlight-Immobilie trennen wird wollen, soll die gesamte Liegenschaft in einer Hand bleiben. Parifiziertes Eigentum ist unerwünscht. Das macht das Objekt für spätere Käufer uninteressant.

 

"Erotisierende Wohnidee"

 

"Klassisches Eigentum schließen wir daher aus", so Jakoubek. "Stattdessen wollen wir uns bei einer eigentumsähnlichen Form einpendeln, die entweder in Richtung Baurecht oder in Richtung Vermietung für 99 Jahre gehen wird. Das ist noch nicht entschieden. Aber das eilt nicht. Das können wir zum gegebenen Zeitpunkt immer noch kurzfristig entscheiden." Bei den Interessenten für diese "erotisierende Wohnidee" (Jakoubek) jedenfalls handle es sich vorwiegend um Österreicher.

 

Das Gesamtinvestitionsvolumen für den Turm, der nach drei Jahren Bauzeit bereits am 1. Oktober 2013 offiziell fertiggestellt wurde, beläuft sich auf 300 Millionen Euro. Und das ist nur der erste Streich, denn das Entwurfskonzept des französischen Architekten Dominique Perrault umfasst noch einen zweiten, etwas kleineren Turm, den DC Tower 2.

 

"Noch kein Urban Gate"

 

"Der jetzige Turm ist ein fantastischer Solitär", sagt Perrault. "Nicht schlecht, aber nicht gerade das, was ich geplant habe." Die städtebauliche Einsamkeit tue ihm nicht gut, meint der Architekt. Allein stehende Türme seien immer ein etwas trauriger Anblick. "Das Außergewöhnliche an diesem Projekt ist die Ensemble-Artigkeit, ist die Tor-Situation für das neue Wien an der Donau. Und ohne zweiten Turm kein Urban Gate."

 

Ob das gläserne Hochhaus mit seiner kaskadenartigen, "liquiden" (Perrault) Fassade und dem derzeit schnellsten Lift Österreichs tatsächlich Gesellschaft bekommen wird, hängt in erster Linie von der Entwicklung des Wiener Büromarktes ab. Und in zweiter Linie von der Risikobereitschaft von WED und UniCredit Bank Austria. "300 Millionen Euro sind viel Geld, das müssen wir jetzt erst einmal verdauen", sagt WED-Vorstand Thomas Jakoubek im Gespräch mit dem STANDARD. "Aber für mich besteht kein Zweifel, dass wir den zweiten Turm mit etwas Verzögerung errichten werden. In frühestens zwei Jahren geht's weiter."

 

Quelle: Wojciech Czaja, DER STANDARD, 1.3.2014