Österreichs Immobilienbranche blickt voraus und zahlreiche Projekte – egal ob Neubauten oder Sanierungen – beweisen, wohin der Weg in Zukunft geht.

Viele Ideen finden sich in neuen Projekten: Sie beginnen beim Baumaterial und reichen bis zur Einbindung des Umfelds in die Konzeption. So soll direkt an der Neuen Donau in den nächsten zwei Jahren ein neues Wahrzeichen für Wien gebaut werden – das Wohn-Ensemble "Danube Flats", geplant am Standort des ehemaligen Cineplexx-Kinos neben der Reichsbrücke. Bei der Planung der "Danube Flats" wird der Nachhaltigkeit, Energieeffizienz und ökologisch verträglichen Mobilität Rechnung getragen. "Kriterien dafür sind unter anderem flexible Nutzungsmöglichkeiten, die Multifunktionalität des Gebäudes, die Verwendung langlebiger Materialien sowie die Gestaltung von Allgemeinflächen mit hohem Grünanteil", so Wolfdieter Jarisch, Vorstand der S+B-Gruppe, die an dem Projekt beteiligt ist. Neben der Umsetzung all dieser Kriterien sorgt auch die geplante Begrünung der Balkone für den ökologischen Wert des Hochhauses. Eine naturnahe Außengestaltung mit frei zugänglichen Grünflächen, sichere und freundliche Zugänge zur Neuen Donau und Investitionen in die Infrastruktur tragen maßgeblich zur Erhöhung der Lebensqualität auch für die Anrainer des Bauprojekts bei. Ein aktuelles Expertengutachten zeigt zudem, dass die geplante teilweise Überplattung der Autobahnzufahrt, aber auch die Bebauung des Areals selbst eine deutlich wahrnehmbare Reduktion der Lärmbelastung in Teilbereichen des Projektumfelds der "Danube Flats" zur Folge haben werden.

Flexible Nutzungsarten und Grundrisse

Ebenfalls mit Flexibilität punktet das Projekt "Triiiple" im dritten Wiener Gemeindebezirk auf dem Gelände des ehemaligen Zollamts. "Dieses außergewöhnliche architektonische Konzept berücksichtigt verschiedenste Nutzungen und lässt viele Möglichkeiten offen", sagt Architekt Dieter Henke über die drei Türme der Projektgesellschaft "Ehemaliges Zollamt", bestehend aus ARE Development und Soravia Group. Wohnungen und Büros werden in unterschiedlichen Grundrisskonfigurationen angeboten. Aus diesem Grund wird es Wohnungen in allen Größenordnungen geben, von der Zwei-Zimmer-Wohnung bis zum großzügigen Loft. Architektin Marta Schreieck: "Es lassen sich extrem viel Nutzungsarten integrieren – Wohnungen, Büros, Studentenheime. Auch an eine spätere Umnutzung ist gedacht: Flexibilität ist für die nächsten Jahre gegeben."

Das Gründerzeithaus als Vorbild

Wie Nachhaltigkeit in Baulücken aussehen könnte, darüber hat man sich bei "raith nonconform architektur vor ort" Gedanken gemacht. Auch hier gilt Flexibilität als wichtig, und die bieten hauptsächlich die Grundrisse von Wiener Zinshäusern aus der Gründerzeit. Sie spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von DAS NEUE STADTHAUS®. Die Grundrissqualitäten wurden berücksichtigt und unter den Gesichtspunkten von zeitgemäßen Anforderungen und technischen Mitteln bezüglich Ökologie und Tragwerk erweitert. Ziel für den Architekten Erich Raith von "raith nonconform architektur vor ort" war es, "zeitgemäße städtische Bauwerke zu errichten, die dem rasanten Veränderungsprozess unserer Gesellschaft gerecht werden". Diese Gebäude sollen den Anforderungen nach wertbeständiger Langlebigkeit, Flexibilität, hoher Lebensqualität, Individualität und leistbaren Kosten entsprechen. "Die Errichtung von weitgehend nutzungsoffenen Gebäuden ist in vielfacher Hinsicht zukunftsweisend", so Raith: "Studien belegen, dass monofunktionale Gebäude (Wohnbau, Bürohäuser, Gewerbebauten) nur sehr geringe Nutzungsintensitäten und in der Folge keine urbanen Milieus generieren können. Sie schaffen dafür Zwangsmobilität, die zu einem Verkehrsaufkommen führt, das nicht mehr befriedigend bewältigt werden kann. Die Gesellschaft wird künftig ihre Lebensprozesse anders als bisher im Raum organisieren müssen, um eine ausreichende Ressourceneffizienz zu erreichen. Dafür wird es andere – nämlich nutzungsoffene – Gebäudetypen brauchen." DAS NEUE STADTHAUS® schließt in diesem Sinn bewusst an eine europäische Stadtbaukultur an, die noch nicht so stark von fossiler Energie abhängig war. Die ifa AG möchte 2013 den Prototyp von DAS NEUE STADTHAUS® in Wien 10 errichten. Weitere Projekte sind in Planung.

Ein Haus aus Stroh

Im März 2013 wurde mit der Errichtung von Österreichs erstem lasttragendem Strohballen-Musterhaus in Ebergassing – südöstlich von Wien – begonnen. Das Gebäude wird zwei Geschoße aufweisen und mehrere Funktionen haben. So soll es neben den Schauräumen auch Ausstellungs- und Schulungsräume geben. Baumeister Jürgen Höller erklärt: "Ich beschäftigte mich schon während meiner Ausbildung intensiv mit energiesparender Bauweise. Meine Vision war und ist es, Gebäude zu errichten, die keine Energie im Betrieb (dies ist bei Plusenergiehäusern bereits Realität) und auch bei der Errichtung benötigen. Letzteres ist nur mit Verwendung von ökologischen und nachwachsenden Bau- und Dämmstoffen möglich." Daher spezialisierte sich seine Baufirma bereits 2010 auf die Verwendung von Stroh als Dämmstoff und hat hier bereits zahlreiche Projekte umgesetzt, bei denen Stroh als Dämmstoff im Dachbereich verwendet wurde. Die Strohplus GmbH ist Österreichs erste Firma, die ausschließlich Strohballenhäuser – in lasttragender Bauweise – für ihre Kunden anbietet. Höllerer: "Dass lasttragende Strohballenhäuser in der Praxis funktionieren, sieht man in der Schweiz, wo es 20 ähnliche Häuser bereits seit einigen Jahren gibt." Österreich verfügt zwar schon über rund 200 "Strohballenhäuser", diese weisen jedoch als tragende Teile eine Holzkonstruktion auf.

Energierevolution bringt Dynamik

An der Rosa-Hofmann-Straße im Salzburger Stadtteil Taxham wird ein einzigartiges Wohnbauprojekt realisiert. Ein konzeptionelles Highlight des Wohnprojekts "Rosa Zukunft" ist die Leuchtturm-Funktion im Smart-Grids-Projekt der "Modellregion Salzburg", die aus 14 Teilprojekten besteht. "Die bei dem Projekt beteiligte Salzburg Wohnbau ist die einzige Wohnbaugenossenschaft, die sich seit Jahren auch mit Forschung und Entwicklung beschäftigt und sogar eine eigene Forschungsabteilung hat. Das Unternehmen Salzburg Wohnbau setzt sich schon seit Jahren mit alternativen Energiequellen wie Brennstoffzellen, Fotovoltaik oder Blockheizkraftwerken auseinander", erklärt Wolfgang Schneider, Leiter der Siemens-Niederlassung in Salzburg, die ebenfalls an dem Projekt mitwirkt. Smart Grids sind die intelligenten Energienetze der Zukunft, die alle Teilnehmer des Energiesystems miteinander verbinden. Bisher funktionierten Stromnetze nur als Einbahnstraße, doch mit neuen Technologien des Datenaustauschs und des Energietransports wird nun der Energiefluss in beide Richtungen möglich. Schneider spricht im Zusammenhang mit Smart Grids von einer Energierevolution: "Die Themen Energiegewinnung und Telekommunikation haben sich bis Mitte des vorigen Jahrhunderts technologisch gesehen im Gleichschritt bewegt. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts entwickelte sich die Telekommunikation rasant weiter, während die Energieerzeugung und die -übertragung fast stehen geblieben sind. Erst jetzt beginnt sich diese Entwicklung zu dynamisieren. In zehn bis 15 Jahren werden Dinge möglich sein, die wir uns noch gar nicht vorstellen können."

Der Bestand als Herausforderung

"Der Bestand ist die große Herausforderung, vor der wir als Gesellschaft stehen, wenn wir den Menschen qualitativ ansprechende Arbeitsplätze und Wohnungen bieten wollen", meint ÖGNI-Gründungspräsident Philipp Kaufmann. Dieser Herausforderung hat man sich beim MGC Wien gestellt, und der im Wiener Stadtteil St. Marx stehende Gebäudekomplex wurde mit dem DGNB-Zertifikat nach ÖGNI in Gold ausgezeichnet. Damit ist das MGC der erste zertifizierte Umbau in Österreich und vorbildlich für den Umgang mit der drohenden Bestandsproblematik. Dass das MGC durch ÖGNI zertifiziert wurde, hat besondere Signalwirkung. Eine breite Nachhaltigkeit kann nicht allein mit der Optimierung von Neubauten erreicht werden. Theoretisch gibt es für Kaufmann drei Lösungen: Leerstand (bzw. langfristiger Abbruch), schlechte Nutzung (mit massivem Niedergang) oder Sanierung. Letzteres ist allerdings aufwendiger als ein Neubau, weshalb sich Kaufmann zu der These hinreißen lässt: "Das MGC ist der Beweis, dass die – aufwendigere – Bestandssanierung zu umfassender Nachhaltigkeit führen kann – insofern ist der Bestand mit seinen Qualitäten der bessere Neubau. In Gold überprüft und zertifiziert!" Das sieht auch die HYPO NOE First Facility so und hat den MGC Office Park als neuen Firmensitz auserkoren. 

Kaufmann: "Unabhängig von der Bewertung selbst ist aber bereits jetzt absehbar, dass sich die Themen Sanierung und Energieeffizienz bereits in eigenen Strömungen weiterentwickeln. Gerade hier werden neue Instrumente, insbesondere für den Bestand, die Branche verändern. Der Bestand ist die größte Herausforderung auf dem Weg zu einer nachhaltigen Welt."

 

Ursprung: immobilien-redaktion.at